Grenzland mit Geschmack – unterwegs im Roussillon

#Frankreich #UrlaubmitHund #PyrénéesOrientales

Am südöstlichsten Ende Frankreichs, wo sich die Pyrenäen majestätisch aus dem Mittelmeer erheben und die Sonne mit Licht und Farben eine einmalige Stimmung auf die Landschaft zaubert, liegt das Roussillon – eine Region, die geografisch Französisch, kulturell aber tief Katalanisch geprägt ist. Über Jahrhunderte war das Land Teil der Krone von Aragón. Erst 1659 fiel es mit dem Pyrenäenfrieden endgültig an Frankreich. Die rot-gelbe Flagge Kataloniens – mit ihren vier blutroten Streifen auf goldenem Grund – ist hier nicht nur ein Symbol, sondern ein lebendiger Ausdruck regionaler Identität und Lebenseinstellung. Man sieht sie auf Hauswänden, Marktständen, Wein-Etiketten und in den Herzen der Menschen.

Für uns ist das Roussillon der krönende Abschluss einer längeren Frankreichreise. Mit dabei: Mads, unser treuer, reiselustiger dänisch-schwedischer Gardhund, der Sonne, Meer und neue Eindrücke mindestens genauso liebt wie wir. Gemeinsam tauchen wir ein in eine Landschaft zwischen Küste und Gebirge, Tradition und Innovation, zwischen Frankreich und Spanien.

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Mit Hund unterwegs in Südfrankreich

Ankommen in Laroque-des-Albères – Ausgangspunkt mit Charme
In Laroque-des-Albères, einem kleinen Dorf aus Naturstein am Fuße des Albères-Massivs, mit verwinkelten Gassen, alten Mauern und weitem Blick bis zum glitzernden Mittelmeer treffen wir in unserer Unterkunft auf unsere Gastgeberin Anette Hartmann, eine vor vielen Jahren ausgewanderte Deutsche. Sie empfängt uns offen und herzlich und steht mit Tipps, Geschichten und sogar als Begleiterin und Übersetzerin zur Seite. Noch vor dem Mittagessen brechen wir zur ersten Erkundungstour auf.

Sonnenkraft in Sorède – Geschichte trifft Zukunft
Nur wenige Kilometer entfernt, oberhalb des Ortes Sorède, besuchen wir ein technisches Kleinod mit großer Strahlkraft: den nachgebauten Sonnenofen von Manuel Antonio Gomes, wegen seiner körperlichen Größe als „Padre Himalaya“ bekannt. Schon im 19. Jahrhundert experimentierte der französische Physiker mit solarthermischer Energie, lange bevor das Thema Klimaschutz auf der politischen Agenda stand. Seine Idee: Sonnenlicht gezielt bündeln, um damit Hitze zu erzeugen – ganz ohne Brennstoffe.

Heute wird diese Vision von einer kleinen, engagierten Gemeinschaft weitergetragen. Ehrenamtliche Technikbegeisterte haben den Parabolspiegel von Manuel Antonio Gomes originalgetreu nachgebaut. Der Sonnenofen ist keine museale Kulisse, sondern ein funktionierender Apparat. Wir erleben, wie konzentriertes Sonnenlicht in kürzester Zeit Holz zum Glimmen, Glas zum Schmelzen und sogar Metall zum Zischen bringt – eine fast archaische Demonstration der Kraft der Sonne. Die Begeisterung der ehrenamtlichen Betreiber ist ansteckend. Mads, sonst unerschrocken, hält respektvollen Abstand, als die Brennkammer zu flimmern beginnt.

Klösterliche Stille in Saint-Génis-des-Fontaines
Am frühen Nachmittag geht es weiter nach Saint-Génis-des-Fontaines. Ein kleiner Ort, der ein beeindruckendes kulturhistorisches Erbe beherbergt: eine der ältesten Benediktinerabteien der Region. Bereits im 9. Jahrhundert gegründet, zeugen heute der romanische Kreuzgang und die Kirche Saint-Michel von der einstigen spirituellen Bedeutung des Ortes.

Besonders eindrucksvoll ist der farbenfrohe Kreuzgang aus dem 13. Jahrhundert mit seinen Kapitellen aus regionalem Marmor – filigran gearbeitet, mit Motiven aus Flora, Mythologie und biblischen Darstellungen. Die Vielfalt der Farben – Weiß aus Céret, Rosé aus Villefranche-de-Conflent, Schwarz aus den Corbières – verleiht dem Ort eine stille Eleganz. Ein wahres Highlight ist der Türsturz der Klosterkirche aus dem Jahr 1019, das älteste datierte romanische Steinrelief Frankreichs – mit einer Darstellung Christi in der Mandorla, flankiert von Engeln. Im Inneren der Kirche beeindruckt der klare, nüchterne Raum durch seine romanische Architektur. Während der Führung wurde besonders auf die ungewöhnliche Gestaltung des Altarbereichs hingewiesen sowie auf Spuren früherer Wandmalereien, die auf die einstige farbenfrohe Ausstattung schließen lassen. Das Zusammenspiel aus Licht, Stein und Geschichte macht Saint-Génis-des-Fontaines zu einem stillen Höhepunkt jeder Reise in die Pyrénées orientales.

Essen mit lokalen Produkten und fangfrischem Fisch: Lecker!

Palau-del-Vidre – Wenn Glas lebendig wird
Am Spätnachmittag erreichen wir Palau-del-Vidre – der „Glaspalast“, katalanisch übersetzt. Hier wird die über 800 Jahre Glasbläsertradition mit viel Leidenschaft weitergeführt. In einem kleinen Atelier mitten im mittelalterlichen Dorfkern treffen wir den Glaskünstler Jorge Mateus, der gemeinsam mit seinem Gesellen direkt vor unseren Augen mit ruhiger Hand und geübtem Blick aus glühender Glasmasse ein filigranes Kunstwerk erschafft. Es ist ein beinahe meditativer Prozess – Hitze, Rhythmus, Präzision.

Die Werkstatt wirkt wie ein modernes Alchemie Labor – voller Farben, Werkzeuge, Lichtreflexe. Wir können uns kaum lösen, so hypnotisch wirkt die Kunstform. Im angeschlossenen Laden gibt es die Glaskunst Souvenirs – jedes Stück ein Unikat, handgemacht und mit Herz und Liebe. Den ersten Tag lassen wir in einem kleinen Restaurant ausklingen. Auf der Terrasse, umgeben von Thymianduft, mit regionalem Fisch, Ratatouille und einem kühlen Glas Rosé – so schmeckt der Süden Frankreichs.

Am zweiten Tag: Wandern, Weitblick, Wasser
Der nächste Morgen beginnt früh – die Sonne steht bereits hoch, als wir in Port Vendres ankommen, einem kleinen, lebendigen Hafenort an der Côte Vermeille. Unser Ziel: eine Küstenwanderung zum Cap Béar. Der schmale Pfad durch den teils zerklüfteten Küstenabschnitt schlängelt sich oberhalb des Meeres entlang, vorbei an duftendem Rosmarin, Ginster und windgepeitschten Felsen. Der Blick aufs türkisblaue Wasser, das sich in kleinen Buchten verliert, ist an diesem Tag spektakulär. Unser Guide Nicholas erzählt kenntnisreich von Flora, Geologie und Seefahrtsgeschichte.

Der weiße Leuchtturm von Cap Béar markiert unser Ziel – wie ein Wächter steht er über der Küste. Mads läuft voller Energie mit, sucht später aber immer wieder Schatten unter Feigenbäumen und Grasbüscheln wegen der hohen Temperaturen zur Mittagszeit. Zurück belohnen wir uns mit einer kleinen Abkühlung im Wasser, bevor wir uns in einem kleinen Lokal im Hafen frischen Fisch schmecken lassen. Die Einfachheit des regionalen Essens – gegrillt, gewürzt, serviert mit Oliven, Aioli und Brot – ist Teil des Genusses.

Schildkröten zum Verlieben – La Vallée des Tortues
Am Nachmittag besuchen wir die Vallée des Tortues in Sorède – einen Schildkrötenpark, der sich mit viel Herzblut dem Artenschutz widmet. Im Zentrum stehen die beeindruckenden sanften Giganten, die Aldabra-Riesenschildkröten. Sie wirken wie lebende Fossilien – friedlich, stoisch, fast weise. Der Park beherbergt auch zahlreiche kleinere Arten, darunter tropische Wasserschildkröten und winzige Schlüpflinge in der Aufzuchtstation sowie weitere Tierarten wie Äffchen oder exotische Vögel. Es ist ein Ort der Ruhe, aber auch der Erkenntnis – mit Infotafeln, Führungen und Stationen, die auch Kindern Biodiversität anschaulich machen. Mads ist willkommen, solange er angeleint bleibt – und er ist sichtlich fasziniert. Immer wieder bleibt er stehen, schnuppert, beobachtet – vor allem, wenn sich eine Schildkröte ganz langsam in seine Richtung bewegt.

BLa Vallée des Tortues ist mehr als ein Tierpark. Es ist ein Ort, an dem man die Zeit vergisst, während man den ältesten Bewohnern unseres Planeten in die Augen schaut.

Zurück in der Unterkunft endet der Tag wie ein Film: Pool, Berge im Abendrot, das Meer in der Ferne, ein Glas Wein in der Hand – und ein müder, glücklicher Hund zu unseren Füßen.

Letzter Tag in Collioure – Kunst, Markt und Abschied
Am Abschlusstag unserer Reise besuchen wir Collioure, das vielleicht schönste Küstenstädtchen der Region. Die bunten Fassaden, das Spiel von Licht und Wasser, die flirrende Luft – all das wirkt fast surreal. Kein Wunder, dass Künstler wie Matisse, Derain oder Picasso hier ihre Inspiration fanden. Zufällig ist heute Markttag – ein buntes Fest für alle Sinne. Wir schlendern vorbei an duftenden Käselaiben, frischem Obst, Oliven, eingelegtem Gemüse, Kunsthandwerken und Tüchern in allen Farben. Die Atmosphäre ist mediterran-lebendig, aber nicht hektisch.

In der legendären Bar des Templiers kehren wir auf einen Kaffee ein – die Wände voller Gemälde, Skizzen, Zeichnungen – ein inoffizielles Museum der Moderne. Es heißt, dass viele Künstler hier ihre Zeche mit Kunst bezahlt haben.
Am frühen Nachmittag besuchen wir das Château Valmy, etwas außerhalb gelegen, inmitten Reben und Pinien. In der Kellerei probieren wir elegante Weine – frisch, mineralisch, sonnenverwöhnt – und nehmen ein paar Flaschen mit für zu Hause. Der Spaziergang durch den Landschaftspark ist der ruhige, wehmütige Ausklang einer Reise, die uns noch lange begleiten wird – im Herzen, auf der Zunge und in der Erinnerung. Au revoir, Occitanie!

Collioure

🧭 INFOBOX
Links:
– Sonnenofen Sorede https://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/site-culturel/four-solaire-de-sorede/ 🇩🇪
– Kloster Saint-Genis-des-Fontaineshttps://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/Erkunden/die-unverzichtbaren-D%C3%B6rfer-im-Pyren%C3%A4en-Mittelmeer/Heiliger-Genis-der-Brunnen/ 🇩🇪
– Glasbläserei Jorge Mateus https://www.verrier-dart-jorgemateus.com/ 🇫🇷
– Schildkrötenfarm Sorede https://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/loisir/la-vallee-des-tortues/ 🇩🇪
– Weitere Ausflugsziele in der Region: Castelnou (https://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/Erkunden/Um/castelnou/) 🇩🇪, Caves Byrrh (https://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/Wein-lokale-Produkte/Byrrh-H%C3%B6hlen/) 🇩🇪
– Weiter entfernt: Carcassonne (sehenswerte mittelalterliche Festung), Andorra (unabhängiges Fürstentum in den Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien), Figueras (Geburtsort von Salvador Dali, Museum) 🇩🇪
Mehr über die Region: Touristeninfo https://www.tourisme-pyrenees-mediterranee.com/de/ 🇩🇪

Blick entlang der der Côte Vermeille über die Pyrenäenausläufer bis Spanien